Quiet Quitting oder stille Kündigung: Was bedeutet das? (2024)

Quiet Quitting oder stille Kündigung: Was bedeutet das? (1)

Work-Life-Balance wird für Beschäftige immer wichtiger. Viele wehren sich gegen Überstunden und Mehrarbeit. Manifestation dieses Trends ist Quiet Quitting.

Quelle: Imago

Unbezahlte Überstunden, wenig Wertschätzung, kaum Flexibilität - bei jüngeren Generationen regt sich Widerstand gegen solche Arbeitsbedingungen. 2022 entwickelte sich im US-amerikanischen Raum auf der Social-Media-Plattform TikTok ein Trend namens Quiet Quitting.

Was bedeutet der Begriff Quiet Quitting?

Quiet Quitting bedeutet, dass Angestellte nicht mehr machen, als in ihrem Arbeitsvertrag vereinbart ist. Im Deutschen wird der Begriff häufig mit "innere Kündigung" oder "Dienst nach Vorschrift" übersetzt.

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"Quiet Quitting ist aber gar nicht so definiert", sagt Sylvia Nosko, Landesbildungssekretärin beim ver.di Landesbezirk Baden-Württemberg. Viele Arbeitnehmende seien schlicht nicht mehr bereit, über Gebühr zu arbeiten.

Dem pflichtet Karina Becker, Professorin für Sozialpolitik und Soziale Arbeit an der Dualen Hochschule Gera-Eisenach, bei: Quiet Quitting könne bei einzelnen Mitarbeitern durchaus der Selbstsorge dienen.

Bevor man arbeitsbedingt krank wird, zieht man sich zurück auf das arbeitsvertraglich Definierte, arbeitet mit angezogener Handbremse.

Die Gewerkschaft ver.di verzeichnete im Jahr 2023 rund 193.000 neue Mitglieder. "Ein wahrer Boom an Neuzugängen", sagt Andreas Henke, Pressesprecher des ver.di Landesbezirks Baden-Württemberg. Henke sieht einen Grund dafür in den zahlreichen Konfliktfeldern, zum Beispiel dem Tarifstreit im öffentlichen Dienst oder den Streiks bei der Bahn. "Die Gewerkschaften treten dabei offensiver auf, was ihre Rolle stärkt."

Es gehe um eine bessere Work-Life-Balance mit größerem Fokus auf das eigene Befinden und die Gesundheit.

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Grafiken

Was führt zu Quiet Quitting im Job?

"Die Liste dessen, was man nicht schafft, wird jeden Tag länger. Man hat nicht mehr die Möglichkeit, pünktlich Feierabend zu machen", sagt Nosko. Quiet Quitting sei bei dieser "absoluten Arbeitsverdichtung" ein Ausweg.

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Hinzu kommen laut Becker allgemeine Zukunftsängste: "Viele junge Menschen treibt das Thema Klima mit den Folgen des Klimawandels um. Viele stellen systemische Fragen: Haut das mit der Sozialversicherung noch hin? Wie ist es mit der Rente?" Themen also, die gesamtgesellschaftliche Auswirkungen haben, von denen sich die einzelnen aber betroffen sehen.

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Warum ist Quiet Quitting so umstritten?

Hier kommt der sogenannte Generationenvertrag ins Spiel, also das Solidarprinzip der gesetzlichen Rentenversicherung. "Die Baby-Boomer sagen: 'Wir haben hart gearbeitet und das System funktioniert nur, wenn die jungen Leute mitmachen'", sagt Becker.

Auf der anderen Seite stehen veränderte Bedingungen. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung aus dem Jahr 2017 stellte fest, dass das Wohlstandsversprechen der Sozialen Marktwirtschaft nicht mehr trägt - viele profitieren demnach nicht mehr vom steigenden Wirtschaftswachstum.

Junge Menschen fragen sich dann natürlich, warum sie so viel arbeiten sollen, wenn es sich für sie nicht mehr auszahlt.

Eine Bertelsmann-Studie (2017) stellte fest:

  • Das durchschnittliche Wirtschaftswachstum lag zwischen 1991 und 2014 bei 0,6 Prozent.
  • Die höchsten Einkommen nahmen in der Zeit im Schnitt um mehr als 1,3 Prozent im Jahr zu.
  • Die unteren 40 Prozent der Einkommen profitierten kaum.
  • In den westdeutschen Ländern mussten die untersten 18 Prozent der Einkommen Verluste hinnehmen.

Wie hat sich der Arbeitsmarkt verändert?

Die Position der Arbeitnehmenden sei sehr viel besser als noch vor zehn Jahren, sagte Becker. Das liege vor allem am Fachkräftemangel. Viele Unternehmen in der Privatwirtschaft täten viel, um Leute zu halten. Gewerkschafterin Nosko pflichtet bei: "Arbeitgeber haben begriffen, dass sie mit den Arbeitnehmern anständig umgehen müssen."

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mit Video

Die bessere Position von Arbeitnehmenden habe auch die Loyalität zum Arbeitgeber schrumpfen lassen, sagt Becker. "Insgesamt ist diese krasse Identifikation mit der Erwerbsarbeit bei den Jüngeren nicht mehr gegeben."

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Ist Dienst nach Vorschrift ein Kündigungsgrund?

Laut Nosko ist die Wahrscheinlichkeit für arbeitsrechtliche Konsequenzen sehr gering. Ein Arbeitgeber müsste dafür eine Minderleistung nachweisen, was ein kompliziertes Unterfangen wäre.

Durch den Fachkräftemangel könnten sich Arbeitgeber das zudem kaum erlauben. Komme es zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen, müsse noch mehr dahinterstecken, vermutet Nosko.

Die Landesbildungssekretärin sieht dagegen einen anderen Trend: "Aktuell tun Arbeitgeber tatsächlich viel, um Bedingungen zu verbessern und Arbeitnehmende zu halten", sagt Nosko.

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Quelle: dpa-Custom Content

Quiet Quitting oder stille Kündigung: Was bedeutet das? (2024)

FAQs

What is the meaning of quiet quitting? ›

Quiet quitting is defined as a disengaged employee doing the bare minimum, eventually leading to their departure. Despite their dissatisfaction at work, quiet quitters continue to collect a paycheck until they finally leave or are terminated. Sixty-four percent (64%) of employees consider themselves a "quiet quitter."

Is quiet quitting good or bad? ›

For instance, from an employee's perspective, quiet quitting may be beneficial, especially when they are getting overwhelmed by the amount of work and want to reclaim their personal life. On the other hand, employers may find this phenomenon counterproductive.

What is worse than quiet quitting? ›

Dubbed “the natural successor to quiet quitting” by Glamour UK's Bianca London, resenteeism describes the act of staying in an unsatisfying job due to a perceived lack of better options or fear of job insecurity.

What is quiet quitting and why are more people doing it? ›

What is quiet quitting? Quiet quitting” is a trend originating in the United States, which refers to employees who are no longer involved in their company, content to do the bare minimum to keep their job. Also known as quiet quit or silent quitting.

How to tell if someone is quiet quitting? ›

Employees who are quietly quitting may become less engaged in team meetings, offer fewer ideas or suggestions, and withdraw from social interactions that were once part of their routine. They may also exhibit a lack of interest or enthusiasm about their work tasks.

Is quiet quitting illegal? ›

In many states, including California, employment is generally at-will, meaning an employer can terminate an employee for any reason that is not illegal, such as discrimination or retaliation. Thus, if an employer deems quiet quitting as insufficient job performance, they may legally initiate termination.

Do quiet quitters get fired? ›

A Gallup poll shows that as many as 50% of the U.S. workforce is engaged in quiet quitting. However, it has less to do with people being lazy and more with overall disengagement in the workplace. But can employers fire employees for quiet quitting? Generally, yes, if they are “at-will" employees.

Should I tell my boss I'm quiet quitting? ›

Simply quiet quitting without warning is a risky strategy. If you have a reputation for going the extra mile, it's a bad idea to abruptly switch off that part of your workplace persona. Transparency is important, and good managers will be supportive when workers raise concerns about burnout and lack of engagement.

What is the root cause of quiet quitting? ›

Tied with low pay for a reason to quiet quit is a lack of opportunity in the work environment. Employees may feel stuck in their jobs and no matter how hard they work or how much extra effort they apply, they'll never get the raise or promotion they feel they've earned.

How to quiet quit without getting fired? ›

While quietly quitting, having open discussions with your manager about your boundaries and priorities is key. Clearly defining your working hours and breaks, demonstrating your boundaries, prioritizing mental and emotional wellbeing, along with being empathetic and understanding should be part of this process.

What do employers think of quiet quitting? ›

Unlike traditional resignation, where employees provide notice and work until their last day, quiet quitting is often subtle and can go unnoticed until it's too late. Quiet quitting can be a significant problem for employers, as it can lead to decreased productivity, a loss of talent, and increased recruitment costs.

What is the new version of quiet quitting? ›

Lately, a new trend has emerged from the embers of quiet quitting: resenteeism. Resenteeism is a combination of "resentment" and "absenteeism." It's a growing trend where employees continue working in roles they find dissatisfying because they either can't find a better-suited job or think they won't be able to.

Why are Americans quiet quitting? ›

Quiet quitting is a way the employee deals with burnout to help alleviate stress. It may also mean they are ready to change positions or may be currently looking for another job. During the Great Resignation, employees started thinking about their careers, salaries and how they are treated at work.

What is the truth about quiet quitting? ›

Quiet quitting is an act done by people who are not satisfied or engaged at their jobs – they do the minimum level of work and are usually looking for a new job at the same time. Then, one day they suddenly quit without telling their manager that they have been unhappy. Many people do this.

Who started quiet quitting? ›

Where did the term "quiet quitting" come from? Who coined it? “Quiet quitting” first hit the internet in March 2022 when a Gen-X career coach and employment influencer named Brian Creely used the phrase when discussing an Insider article about employees “coasting” at work.

Why is it called silent quitting? ›

The phrase “quiet quitting” seems to imply that an individual is voluntarily leaving their job (perhaps without giving their employer notice, hence the “quiet” part). Since the term actually translates to “doing exactly what one is required to do—no more, no less,” it certainly seems like a misnomer.

What is the expression quiet quitting? ›

Nouvelle tendance sur le marché du travail, le quiet quitting ou « démission silencieuse au travail » ne consiste pas à quitter son emploi, mais à l'exécuter d'une manière strictement minimale.

What is a better term for quiet quitting? ›

DON'T MISS: Rage-Applying Is The New Quiet Quitting

Quite often, the term starts on social media and creeps into offices and even HR departments due to its ability to pin down a common experience.

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Author: Laurine Ryan

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